Mythos: Windkraftanlagen stehen immer still!
Fakt
Windkraftanlagen stehen nicht dauerhaft still – sie werden gelegentlich aus technischen, regulatorischen oder ökologischen Gründen gedrosselt oder abgeschaltet. Solche Unterbrechungen sind typischerweise kurz und gut kalkulierbar. Wenn Anlagen ständig stillstünden, könnten sie nicht zuverlässig einen hohen Anteil der Stromversorgung leisten.
Es gibt diverse legitime Gründe für Abschaltungen: Netzengpässe und Instabilitäten, negative Strompreise, Wartungsarbeiten, Artenschutzmaßnahmen (z. B. Abschaltungen in Zug- oder Brutsaisons), Schattenwurfregelungen und das wirtschaftliche Auslaufen von Förderprogrammen.
Allerdings zeigen Studien und Statistiken: Solche Stillstände treten relativ selten auf und meist nur zeitweise. In Deutschland wurden im ersten Halbjahr 2024 277 Anlagen mit 379 MW Leistung stillgelegt.
Zudem ist das gesamte Energiesystem so modular und flexibel ausgelegt, dass kurzfristige Abschaltungen kein Risiko für die Versorgungssicherheit darstellen. Mit Speichertechnologien, Laststeuerung und ausgebautem Netz lassen sich solche Schwankungen gut ausgleichen.
Fazit
Der Mythos „ständig stillstehend“ ist genauso falsch wie überzeichnet — eine realistische Betrachtung zeigt, dass Windkraftanlagen im Alltag in einem dynamischen, kontrollierten Betrieb arbeiten, nicht in permanenter Untätigkeit.
Noch mehr Hintergründe
Fakt: Windenergieanlagen sind kein statisches System – temporäre Stillstände sind normal, aber keineswegs repräsentativ für Dauerstillstand
Wenn Windkraftanlagen dauerhaft stillstünden, könnten sie nicht einen substantiellen Beitrag zur deutschen Stromversorgung leisten – etwa einen Viertel des Stroms, wie manche Prognosen für Anlagen mit hoher Auslastung nahelegen. Stattdessen ist es völlig normal, dass Anlagen zeitweise abgeschaltet oder gedrosselt werden, und dafür gibt es mehrere legitime technische, regulatorische und ökologische Gründe. Entscheidend ist: Solche Abschaltungen sind typischerweise temporär und in der Systembetrachtung gut handhabbar.
Nachfolgend findest du Ursachen für Stillstand, eine Einordnung ihrer Häufigkeit sowie Hinweise, wie das Energiesystem darauf reagiert.
Wichtige Ursachen für temporäre Abschaltungen
Netzstabilität und Netzengpässe
Bei starkem Wind kann das Stromnetz überlastet sein, insbesondere wenn die Transportkapazitäten (z. B. Nord → Süd) nicht ausreichen. In solchen Fällen müssen Anlagen per Fernsteuerung gedrosselt oder vollständig abgeschaltet werden, um Frequenzabweichungen und Blackouts zu vermeiden.
Wenn Erzeugung und Verbrauch nicht im Gleichgewicht sind, kann die Netzfrequenz aus dem zulässigen Bereich geraten – zur Vermeidung setzen Netzbetreiber Abregelungen ein.
Solche „Notabschaltungen“ werden oft vergütet (Entschädigung für nicht erzeugte Energie). 2023 z. B. wurden in Deutschland rund 554 Mio. Euro Entschädigungen gezahlt, weil Anlagen wegen Netzüberlastung abgeschaltet wurden.
Wirtschaftliche Gründe / „Negativstrompreise“
An Tagen mit starkem erneuerbarem Angebot und geringem Verbrauch können Strompreise ins Negative fallen. In solchen Situationen wäre der Betrieb der Anlage ökonomisch nachteilig – die Betreiber drosseln lieber, als wirtschaftliche Verluste zu riskieren.
Bei sehr hohem Überangebot wird Strom teilweise gar nicht erst ins Netz eingespeist – er bleibt ungenutzt („abgeregelt“) – obwohl die Anlagen technisch betrieben werden könnten.
Wartung, Reparaturen und technische Eingriffe
Wie jede technische Anlage benötigen Windkraftanlagen regelmäßige Wartung, Inspektion, Reparaturen oder Austausch von Komponenten (Getriebe, Rotorblätter etc.). Solche Arbeiten verursachen planbare Unterbrechungen im Betrieb.
Auch zur Inspektion unter Betriebsbedingungen (z. B. Messungen) wird gelegentlich kurzzeitig abgeschaltet.
Artenschutz, Vogelschutz und Abschaltzeiten für Fledermäuse
In Brut- und Zugzeiten von Vögeln oder bei besonderen Witterungsbedingungen (z. B. in warmen, windarmen Nächten) werden Anlagen vorsorglich abgeschaltet, um Kollisionsrisiken zu minimieren.
Für Fledermäuse existieren Betriebsunterbrechungen in bestimmten Zeitfenstern (z. B. in Nachtstunden mit bestimmten Wind- und Temperaturbedingungen). Solche Abschaltungen haben nach Studien oft nur kleine Ertragsverluste zur Folge (z. B. unter 1 % in manchen Fällen) und sind ein wichtiger Ausgleich zwischen Energieerzeugung und Artenschutz.
Schattenwurf / Blendung und Abstandsregeln
In vielen Genehmigungsverfahren werden Bedingungen festgelegt, bei denen Anlagen teilweise abgeschaltet werden müssen, wenn sie bei tiefstehender Sonne (bei bestimmten Winkeln) länger als z. B. 30 Minuten pro Tag Schatten auf Wohngebäude werfen.
Solche Regelungen sind in manchen Regionen Teil des Genehmigungsprozesses, um Konflikte mit Anwohner*innen abzuwenden.
Ende der wirtschaftlichen Laufzeit, Auslaufen von Förderprogrammen & Repowering
Viele Windkraftanlagen haben eine geplante Laufzeit von 20–30 Jahren, danach erfolgt Rückbau oder Ersatz.
In einigen Fällen wird eine Anlage stillgelegt, wenn ihre Förderung ausläuft und der Weiterbetrieb unter den gegebenen Rahmenbedingungen nicht mehr wirtschaftlich ist. In Brandenburg etwa wurden Berichte laut, dass hunderte Anlagen stillgelegt werden, weil die Subventionen ausgelaufen sind.
Häufigkeit und Dauer von Stillständen – wie oft und wie lange?
Studien zu windarmen Phasen (sogenannten „Low-Wind-Events“) zeigen: Jährlich gibt es Perioden, in denen die durchschnittliche Auslastung über mehrere Tage unter 10 % liegt. Diese Phasen treten aber vergleichsweise selten und meist von kurzer Dauer auf.
In einer neueren Analyse über gesamteuropäische Wetterjahre wurde festgestellt, dass extreme „Dunkelflauten“ (lang anhaltende Erzeugungstaus) sehr selten sind – und selbst während solcher Perioden kann die durchschnittliche Verfügbarkeit noch bei rund 47 % des normalen Mittelwerts liegen.
Für Deutschland existieren Schätzungen, dass an Land Windkraftanlagen durchschnittlich 23 Mal pro JahrAbschaltungen erleben (bei Onshore-Anlagen) – einschließlich technischer Ausfälle und Drosselungen. Wenn man auch Offshore-Anlagen berücksichtigt, sinkt dieser Wert auf rund 13-mal pro Jahr.
In der offiziellen Statistik „Status des Windenergieausbaus an Land – erstes Halbjahr 2024“ wurden 277 Windenergieanlagen mit zusammen 379 MW stillgelegt (temporär oder dauerhaft) im Betrachtungszeitraum.
Diese Zahlen zeigen: Nicht jede Abschaltung ist ein „immer stillstehen“, sondern Teil eines komplexen Regelbetriebs.
Warum solche Abschaltungen nicht das Versagen des Systems bedeuten
Der Anteil der tatsächlich abgeschalteten Anlagen zu jedem Zeitpunkt ist gering im Verhältnis zur Gesamtleistung des Systems.
Energiesysteme müssen ohnehin flexibel ausgelegt sein: Speicher, flexible Lastverschiebung (z. B. Wärmepumpen, Elektrolyseure), intelligentes Lastmanagement, Sektorkopplung und Reservekraftwerke ergänzen die Erzeugungsseite.
Regelansätze und Netzdesigns (intelligente Netze, Lastmanagement, Ausbau von Übertragungsleitungen) erlauben, dass Abschaltungen in Spitzenzeiten abgefangen werden, ohne dass die Stromversorgung fällt.
In Modellierungen für Deutschland werden Dark-Flauten (Kombination aus Wind- und Sonnenflaute) als beherrschbar eingeschätzt, wenn das System ausreichend diversifiziert ist – d. h. mit Speicher, Import/Export und Backup-Kapazitäten.
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